
Meryem & Maria treffen Erstklässler
Meryem & Maria treffen Erstklässler und sprechen über das Ramadanfest Am vergangenen Freitag hatte ich die besondere Gelegenheit, in der Klasse meiner Tochter aus meinem Kinderbuch „Meryem feiert im Kindergarten das Ramadanfest“ vorzulesen. Meryem und Maria, die beiden Hauptfiguren der Geschichte, durften natürlich nicht fehlen. Ich stellte sie den Kindern vor: „Meryem und Maria sind beste Freundinnen, sie sind Nachbarn und gehen in den selben Kindergarten und sehen sich außerhalb des Kindergartens sehr oft. Sie verbringen gemeinsam viel Zeit, spielen, basteln, feiern gemeinsam Feste. Heute erzählt Meryem euch, wie sie das Ramadanfest feiert.“ Ich machte bewusst viele Pausen während des Vorlesens und fragte in die Runde: „Wer von euch feiert das Ramadanfest?“ „Welche Feste feiert ihr noch?“ “Was macht man an Festen?” „Gibt es bei euch Geschenke an besonderen Tagen?“ Ein Mädchen hatte offenbar ein richtig volles Ramadan-Programm und wollte uns unbedingt von ihrem Alltag erzählen: „Ich habe mit meiner Mutter eine Moschee gebastelt. Wir backen bei meiner Oma Plätzchen. Wir haben eine Lichterkette im Wohnzimmer.“ Die Erstklässler hörten 40 Minuten einander zu und erzählten von ihren eigenen Festen. Zum Ende unserer Lesestunde kamen wir auf die verschidenen Bezeichungen für das Fest zu sprechen: Zuckerfest, Eid al-Fitr, Bayram/Bajram, Ramadanfest. Ich erklärte ihnen, warum ich selbst den Begriff „Zuckerfest“ nicht verwende. „Wir nennen Weihnachten ja auch nicht Plätzchenfest oder Ostern kein Eierfest/Hasenfest. Ramadanfest ist mehr als Süßigkeiten.“ Warum erwähne ich das? Weil Sprache etwas mit unserer Wahrnehmung macht. Der Begriff „Zuckerfest“ enstand in einem sekulären Kontext, als man sich von religiösen Begriffen in der Türkei distanzieren wollte. Er hat sich im Volksmund schnell etabliert. Auch in meiner Familie wurde er verwendet. Allerdings bedeutet der Begriff Zuckerfest in Deutschland für viele muslimische Menschen nichts. Nur Menschen mit türkischem Hintergrund wissen überhaupt, was damit gemeint ist. Außerdem leben wir im Jahr 2024, in einer Welt, in der wir täglich lesen, wie schädlich Zucker ist. Auch mit unseren Kindern sprechen wir oft darüber, und wir möchten nicht, dass sie ständig zu Süßigkeiten greifen , auch nicht an Feiertagen. In unserer Familie gibt es zwar auch Süßigkeiten zum Ramadanfest , aber in Maßen. Die Kinder bekommen kleine Geschenke, und wir achten darauf, bewusst zu feiern. Nicht nur mit Süßem, sondern mit Zeit, Begegnungen und Achtsamkeit. Ich fand es großartig, wie schnell die Kinder meine Erklärung verstanden haben. Sie begannen weiterzuerzählen: „Und Ostern ist kein Schildkrötenfest!“ „Und Silvester ist kein Feuerwerkfest!“ „Und Halloween ist Halloween!“ Ein Kind fragte schließlich: „Warum feiert man eigentlich Ramadan?“ Er kannte Religionen kaum, und ich wollte die ausführliche Erklärung lieber der Ethik-Lehrerin überlassen. Also sagte ich nur: „Menschen auf der ganzen Welt feiern Feste. Manche feiern Ostern, manche das Lichterfest, manche Ramadan. Bei jedem Fest kommen Menschen zusammen und verbringen Zeit mit Familie und Freunden. Während des Ramadan wird auch gefastet. Erwachsene essen und trinken den ganzen Tag nichts und brechen das Fasten abends gemeinsam beim Essen. Das ist eine besondere Zeit. Viele fasten, weil es gesund sein kann, mal eine Zeit lang nichts zu essen. Aber Kinder fasten nicht.“ Zum Abschluss der Vorlesestunde hat meine Tochter kleine Geschenke (Selbstgebackene Plätzchen zum Ramadanfest und Ostern) verteilt. Nach der Vorlesestunde durften die Kinder mit den liebevoll von der Klassenlehrerin vorbereiteten Bastelvorlagen zu den jeweiligen Festen kreativ werden. In der Schul-App teilte die Klassenlehrerin mit, dass einige nicht-muslimische Kinder für ihre muslimischen Freundinnen und Freunde Ramadankarten gebastelt hatten und umgekehrt muslimische Kinder Osterkarten für ihre nicht-muslimischen Freundinnen und Freunde. Diese schöne Nachricht zeigt, wie lebendig gelebte Vielfalt an unserer Schule ist, wie selbstverständlich und lebendig Vielfalt an unserer Schule gelebt wird. Worum geht es in meinem Buch? Meryems Bruder geht mit seinem Vater und Opa in die Moschee. Danach frühstücken sie gemeinsam mit der Familie. Am nächsten Tag erzählt Meryem im Kindergarten im Stuhlkreis von ihrem Fest. Die Kinder tauschen sich aus, stellen Fragen und lernen voneinander. Zum Schluss teilt Meryem Ramadan-Geschenke. Am nächsten Tag besucht Maria sie zu Hause, und die beiden backen gemeinsam Plätzchen. Mein Kinderbuch zeigt, wie Zusammenleben in Deutschland gelingen kann. So wie Meryem bringen auch meine Kinder seit Jahren kleine Ramadan-Geschenke mit in den Kindergarten und feiern gemeinsam mit ihren nicht-muslimischen FreundInnen zu Hause oder im Garten das Ramadanfest. Und genauso feiern wir auch andere Feste mit. Wir besuchen unsere FreundInnen zu ihren Festen, und sie besuchen uns zu unseren. Natürlich muss man Feste nicht gemeinsam feiern. Aber wir sollten für unsere Kinder mehr Räume schaffen, in denen Begegnung möglich wird. Feste und gemeinsame Feiern bieten dafür einen wunderbaren Rahmen. Unsere Kinder dürfen in der Adventszeit mit ihrer Klasse zur Kirche gehen. Danach sprechen wir darüber. Sie stellen mir Fragen, und ich beantworte sie. Sie wissen, dass in der Kirche zu Gott gebetet wird und dass Jesus im Christentum anders verehrt wird als im Islam. Und wenn ihre Freunde im Ramadan zu uns kommen, zeigt mein Sohn ihnen, wie man im Islam betet. So entsteht ein Miteinander, das von Offenheit, Respekt und Neugier geprägt ist. So haben wir die Plätzchen für die Klasse gebacken.. Blog unterstützen Post Views: 6